Als “KAB sozial & gerecht” stellen wir fest, dass die öffentliche Debatte im Vorfeld der Bayerischen Landtagswahl aufgeladen, ja gereizt ist. Dabei berufen sich Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedlichster Richtungen auf ihre „christliche Orientierung“ oder auf eine Mitgliedschaft im katholischen Verband, auch der KAB. Dies ist Anlass genug, um sich als Verband gemeinsam mit vielen kirchlich engagierten Menschen orientierend einzubringen. Als Menschen brauchen wir immer wieder die Auseinandersetzung um ethische Fragen und um die Zeichen der Zeit zu deuten.
Dazu stellen wir fest, dass es viele Anlässe für sehr konkrete Sorgen gibt. Hier sei nur eine Auswahl überblicksartig benannt:
- Die wirtschaftliche Entwicklung ist unsicher und die Angst vor Arbeitslosigkeit greift um sich. Die tatsächlichen Arbeitssituationen schwanken zwischen Stressbelastung und Fachkräftemangel auf der einen sowie Auftragsflaute oder Werksschließungen auf der anderen Seite. Viele fragen sich: Wie geht es für mich weiter?
- Die Unterstützung für Familien mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen ist brüchig. Der Fachkräftemangel in Kitas, Schulen und Pflegeheimen führt zu eingeschränkten Angeboten oder plötzlichen Ausfällen. Die Inflation beschneidet die Möglichkeiten oder treibt gerade Alleinerziehende und alleinstehende Alte in existentielle Nöte. Viele fragen sich: Wie kann ich meinen Lieben noch gerecht werden?
- Der erste Angriffskrieg eines Staates gegen einen anderen Staat in Europa seit dem 2. Weltkrieg erschüttert den Glauben an die Zukunft. Nach den Schrecken, die Hitler-Deutschland über Europa und die Welt gebracht hat, schien es unmöglich, dass dies in Europa noch einmal passieren kann. Nun sterben auf unserem Kontinent wieder Menschen im Krieg, und es steigern sich Zukunftsangst, Militärausgaben und Propaganda. Viele Menschen fragen sich: Wo führt das noch hin?
- Der menschengemachte Klimawandel wird real und stellt unsere gesamte Lebensweise in Frage. Einerseits stellen uns hohe Temperaturen, Trockenheit und Unwetter vor neue Probleme. Auf der anderen Seite sind es die notwendigen neuen Regeln im Umgang mit Energie, Verkehr, Wohnen, Ernährung und Wirtschaften, die uns verunsichern. Im Prinzip wissen wir längst, was zu tun ist, und doch fällt es vielen schwer, Gewohnheiten zu ändern. Die meisten fragen sich: Was muss sein, was geht zu weit?
- Die scheinbar unaufhörliche Migration von Menschen nach Deutschland löst ebenfalls Ängste aus. So viele Menschen sind auf Grund der benannten Entwicklungen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung oder vor Hunger und Zukunftsangst. Deutschland braucht wegen des Fachkräftemangels viel Zuwanderung, zugleich ist die Integration in Gemeinwesen, Kitas, Schulen und Arbeitsmarkt immer eine langjährige Aufgabe. Hier gibt es viele Erfolge und viel Engagement, aber auch viele Probleme. Selbst bemühte Bürgerinnen und Bürger fragen sich: Wie sollen wir das schaffen?
Im Sinne des Evangeliums fängt jede Antwort auf all die Probleme immer mit einer Aussage an: Menschlichkeit zuerst! – Davon ausgehend müssen Politik und Zivilgesellschaft immer neue Anstrengungen unternehmen, um die konkreten Probleme zu lösen:
- Wir werden unsere Wirtschaft klimagerecht umbauen und dabei allen Menschen einen Platz in zukunftsträchtigen Arbeitsfeldern gewährleisten.
- Wir werden Familien und alten Menschen ein finanzielles Auskommen garantieren und darüber hinaus eine auch menschlich gute Sorgearbeit ermöglichen.
- Wir werden den Kriegsaggressoren entgegentreten und dabei konkrete Solidarität mit Menschen auf der Flucht leben.
- Wir werden Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt als Menschen mit gleichen Rechten und Pflichten respektieren und dabei die kleinräumige Integration in Ortschaften, Kitas und Schulen mehr beachten.
Wir erkennen darüber hinaus aber auch, dass uns das Leben heute in eine nicht zu leugnende Veränderungsaufgabe stellt und uns viel Solidarität abverlangt. Diese Herausforderung können wir nicht einfach mit einem platten Spruch wegreden oder mit einem schnell gemachten Kreuz auf dem Wahlzettel abwählen. „Ich zuerst“, „Bayern zuerst“, „Deutschland zuerst“…
Diese Parolen führen menschlich, wirtschaftlich und europäisch ins Verderben.
Wir sagen: Menschlichkeit zuerst!
Als christlicher Verband nehmen wir diese Aufgabe gemeinsam an und gestalten sie im Glauben daran, dass Gottes guter Geist im solidarischen Bemühen aller Menschen dieser Welt in diese Welt kommt.
Stellungnahme des KAB-Kreisverbandes Miltenberg am 28. September 2023
Diese Stellungnahme ist zeitgleich von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern der katholischen Kirche in den Dekanaten Aschaffenburg und Miltenberg vielfach unterzeichnet worden.