Die KAB Würzburg lebt eine Partnerschaft mit der VUWAWA Mbinga
Zweieinhalb Wochen lang war eine zwölfköpfige Gruppe Ende August in Tansania / Ost-Afrika unterwegs, um Land und Leute zu entdecken sowie die Partnerschaft zu entwickeln. Im Zentrum stand die Idee, zusammen mit einer Partnergruppe aus der Diözese Mbinga in einer Woche an einem Ort verschiedene Lebensthemen zu erschließen und gemeinsame Perspektiven dafür zu entwickeln.
Von der Wirtschaftsmetropole Daressalam am Indischen Ozean ging es in zwei anstrengenden Tagesetappen über 1.000 Kilometer Richtung Westen. Im Diözesanzentrum “St. Kilian” in Mbinga wurde die KAB-Gruppe von der Diözesanleitung der VUWAWA (Teilorganisation der CWM – Catholic workers movement) und auch von Bischof John Ndimbo begrüßt. Dieser freute sich sehr über die Gäste aus Deutschland und sah den bevorstehenden Austausch als „Katalysator“ für die Partnerschaft der Bistümer. Mit einem Reisesegen ging es weiter nach Mbamba Bay am Nyasa See, wo die Gruppenleiter Joachim Schmitt, Isolde Thiem und Elisa Gerhart zusammen mit den Partnern aus Tansania ein kirchliches Tagungshaus für den Austausch reserviert hatten. Dort traf sich die Gruppe für eine Woche mit 15 Mitgliedern der VUWAWA, um – getreu dem KAB-Motto „sehen – urteilen – handeln“ – gemeinsame Lebensthemen zu erkunden.
Die ersten Exkursionen führten aufs Feld und auf das Wasser. Eine Bäuerin zeigte die harte Arbeit im Maniok-Anbau, die kurz nach der Regenzeit mit dem Vorbereiten der Felder beginnt und mit dem Ernten vor der nächsten Regenzeit endet. Maniok ist ein Hauptnahrungsmittel; die Wurzeln werden getrocknet und gerieben zu einer Art Klosbrei verarbeitet. Grundsätzlich sind die meisten Tansanier Kleinbauern und versorgen sich mit der Ernte selbst. Die maschinelle Bewirtschaftung großer Felder oder Massentierhaltung kennt man hier kaum. Im Hochland wird auch Kaffee angebaut; ein zunehmender Markt sind Cashew-Kerne. Eine andere Exkursion besuchte Fischer am Nyasa See und erfuhr hier einiges über Fischfang, Verarbeitung und Verkauf auf den regionalen Märkten. Kaffee, Nüsse oder Fisch sind Wege um über die Selbstversorgung hinaus auch Einkommen zu erwirtschaften. Davon werden dann Schule, Gesundheit, Strom und Mobilität finanziert. Das alles hängt aber an der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung der Infrastruktur um seine Wahren tatsächlich auch abtransportieren zu können.
Eine andere Exkursion führte in eine weiterführende Schule – beziehungsweise eher ein kleines Schuldorf. In Tansania sind es mehrere Gebäude mit jeweils einem Klassenzimmer sowie Schlafsäle für Jungen und Mädchen und Lehrer-Wohnungen. Für diese weiterführende Schule standen auch Computer zur Verfügung – wenn das auch nicht überall der Fall ist. Grundsätzlich wird auf Bildung viel Wert gelegt; die Schülerinnen und Schüler lernen als erste Sprache Kisuaheli und in den weiterführenden Schulen auch Englisch. Daneben wurde eine Familie besucht, die in wirklich prekären Verhältnissen lebt. Beide Elternteile können aber durch den Anbau von Maniok und etwas Gemüse sowie der Haltung von einigen Hühnern und Kleintieren die Ernährung der Kinder sicherstellen.
Am dritten Exkursionstag standen die Themen „Religion“ und „Gesundheit“ im Fokus. Einerseits wurde zusammen mit verschiedenen Gemeindevertretern (Chor, Pfarrjugend, Frauenbund, KAB, Katechisten) im wahrsten Sinne „über Gott und die Welt“ diskutiert. Die Pfarrgemeinde hält im süd-osten Tansanias oft das ganze Dorf zusammen. Es gibt wöchentliche Treffen kleiner christlicher Gruppen und beim sonntäglichen Gottesdienst kommen dann alle zusammen. Vieles wird von Laien organisiert, weil die Priester immer mehrere Gemeinden betreuen. So kontrovers das Thema „Frauen im Priesteramt“ diskutiert wurde – einig war man sich, dass Frauen die „power oft the church“ sind – in Tansania und in Deutschland. Zeitgleich besuchte ein anderer Teil der Gruppe eine alte Frau und sprach mit ihr, wie sie alleine ihren Alltag meistern kann. Seniorenheime wie in Deutschland gibt es in Tansania überhaupt nicht; in der Regel wohnt die Großfamilie zusammen und kümmert sich umeinander. Die Teilnehmenden aus Tansania wurden mit diesem Austausch erstmals bewusst darauf aufmerksam, dass es auch einsame alte Menschen ohne Familie in ihren Dörfern gibt. Beeindruckend war auch der Besuch in einer Krankenstation, die personell und auch maschinell gut ausgestattet war. Leider fehlte es am Know-how, womit beispielsweise Ultraschall-Geräte nicht genutzt werden können. Ein großes Problem stellt die Notfall-Versorgung dar. Es gibt keine Notruf-Nummer und nur wenige Rettungswagen. Wer einen medizinischen Notfall hat, muss meist eine lange Fahrt über rauhe Straßen ins nächste Krankenhaus überstehen. Gut ist, dass Frauen zum Entbinden zunehmend in eine Klinik gehen, was die Gesundheit und Sicherheit für Mutter und Kind deutlich erhöht.
Nach den Exkursionen wurde das, was gesehen wurde, in Kleingruppen weiter vertieft. Die Gruppe aus Deutschland hatte zu allen Themen auch Info- und Bildmaterial aus der Heimat mitgebracht und trotz manch sprachlicher Schwierigkeiten (die Seminarsprache war Englisch, also für beide Gruppen eine Fremdsprache) wurde überraschend intensiv diskutiert. Richtig leidenschaftlich wurde es beim Thema Gleichberechtigung von Mann und Frau, ist doch in Tansania weitgehend und in Deutschland immer noch oft das traditionelle Rollenbild – Mann in der Arbeit/auf dem Feld, Frau im Haus (und auch auf der Arbeit/auf dem Feld!) – vorherrschend. Die Berichterstattung aus Deutschland, dass die Männer bei der Kindererziehung und im Haushalt mithelfen, sorgte bei manchen Teilnehmern für ein Schmunzeln. Nichtsdestotrotz versprachen alle, in Zukunft zu „versuchen“, ihre Frauen in der Hausarbeit zu unterstützen. Auch Themen wie Familienplanung, Verhütung und Homosexualität wurde nicht ausgeklammert und gerade die teilnehmenden Krankenpflegerinnen, betonten die Wichtigkeit der Aufklärung vor allem für junge Menschen. Immer noch ist es so, dass ungewollte Schwangerschaften, AIDS und Geschlechtskrankheiten sehr große Probleme in vielen Ländern sind.
Am Wochenende und an den Abenden gab es viele Gelegenheiten zum informellen Austausch sowie zum weiteren Eintauchen in das echte tansanische Leben. Die Gruppe aus Deutschland wurde mit Tänzen, Trommeln und Musik begrüßt, ein Gottesdienst samt Taufe und Erstkommunion konnte mitgefeiert werden (vor allem die Chormusik mit Tanz und Bewegung war ein sehr beeindruckendes Erlebnis), gemeinsam im See gebadet, der Markt besucht oder einfach nur Karten gespielt und „geratscht“.
Zum Abschluss der Begegnungswoche wurden Ziele formuliert – für die Vuwawa in der Region Mbinga, für die KAB in der Region Würzburg und für die gemeinsame Partnerschaftsarbeit. Ganz oben auf der Wunschliste steht die Möglichkeit einer Rückbegegnung, also ein Besuch der Tansanierinnen und Tansanier in Deutschland. Weiterhin gibt es Überlegung zu einem „Tag der Partnerschaft“ an dem gleiche Aktivitäten an verschiedenen Orten in Deutschland und in Tansania durchgeführt werden: Müll sammeln, Bäume pflanzen oder Singen und Beten. Darüber hinaus wünscht sich die VUWAWA Unterstützung für die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten, um Einkommen zu erzielen – und um vielleicht auch tansanische Produkte in Deutschland zu verkaufen.
Zurück in Mbinga wurden alle Ergebnisse den Leiterinnen und Leitern der Vuwawa-Ortsgruppen präsentiert. Freie Stunden konnten genutzt werden, um alte oder neue Freundinnen und Freude zu besuchen, am Markt einzukaufen oder einfach, um mal Pause zu machen und die Eindrücke nachklingen zu lassen. Die Rückfahrt ging über den Ruaha-Nationalpark, wo Zebras, Giraffen, Gazellen und Elefanten hautnah zu sehen waren. Auch Krokodile, Nilpferde, Warzenschweine, Geier, Löwen, Strauße und wunderschöne Vögel konnten beobachtet werden. Über Morogoro, wo ein kurzes Treffen mit dem CWM-Bundesvorsitzenden Pastor Nyoni stattfand, ging es nach Bagamojo – ein Hotspot am Indischen Ozean für Künstler aus aller Welt.
Demütig ob der oft widrigen Verhältnisse, aber auch beeindruckt, bewegt und begeistert von der Lebensfreude, von der Buntheit, der Offenheit, der Gastfreundlichkeit der Menschen und mit viel Stoff zum Nachdenken ging es nach zweieinhalb Wochen wieder zurück nach Deutschland.
Bericht: Susi Nock – Bilder: Anja Kirchschlager