Neulich im Bus: Zwei ältere Damen wollen einen Ausflug nach Frankfurt machen und fragen nach dem Deutschlandticket. „Das können Sie bei mir nicht kaufen, das geht nur im Internet“, so die Antwort des Busfahrers. Ich sage zu den Damen: „Kaufen sie sich ein Ticket nach Aschaffenburg, dort kann man das Ticket am Bahnschalter kaufen, das stand in der Zeitung.“ Gemacht getan und natürlich gehe ich mit zum Bahnschalter, damit das alles klappt. Tatsächlich ist der Erwerb dort am Schalter möglich, „allerdings“, so die Beraterin, „brauchen sie dazu ein Smartphone und eine E-Mail-Adresse, das Ticket kann nicht ausgedruckt werden.“ Eine der beiden Damen hatte kein Smartphone und die andere hat die E-Mail abgestellt, weil sie „gehackt“ wurde. Das ist dann auch schon das Ende der Geschichte und daran zeigt, wie schnell es gehen kann, dass sich ein digitaler Graben zwischen Bürgerinnen und Bürgern auftut. Die Damen kauften ein reguläres Ticket und werden im Monat insgesamt deutlich mehr für Bus und Bahn ausgeben als alle Besitzer eines Deutschlandtickets.
Neue Möglichkeiten und neue Probleme
Während das Glasfaser, die digitale Verwaltung und die gesamte Internetwirtschaft mächtig ausgebaut werden, bleiben umso mehr Menschen zurück, die sich in der digitalen Welt nicht selbständig bewegen können. Mal ist es das Deutschlandticket. Mal ist es der Termin für den Facharzt, der nur noch im Internet zu buchen ist. Wer eine Frage an die Rentenversicherung hat wird irgendwann zur E-Mail-Adresse gefragt. Wer die Enkel sehen will, muss die Videokonferenz beherrschen. Einkaufen, Bankgeschäfte, Bürgerinformationen und Vereinsnetzwerke, alles läuft über Smartphone, Tablet und Co. Auch soziale Träger treiben die Digitalisierung ihrer Leistungen aktiv voran. Während jeder Kabelanschluss (zu Recht) öffentlich gefeiert wird, sollen die Probleme mit den digitalen Anschlüssen allerdings privat gelöst werden.
Ehrenamtliche Digitallotsen gesucht
Damit die Leute nicht einfach zurückgelassen werden, ruft die „Projektgruppe Digitalisierung“ von KAB sozial & gerecht kundige Bürgerinnen und Bürger auf, sich als „Ehrenamtliche Digitallotsen“ zu engagieren. Gemeinsam mit Nachbarschaftshilfen oder Seniorenbeiräten sollen vor Ort kleine Kurse und praktische Hilfen für den Anschluss an die digitale Welt sorgen. Wer sich vorstellen kann, ca. vier mal im Jahr im Rahmen von zwei Stunden anderen Menschen hier zu helfen, kann sich direkt auf www.sozialundgerecht.com als Interessent anmelden. Michael Göb und Meike Schumacher organisieren die weiteren Absprachen, damit der Einsatz auch zu den Möglichkeiten und Wünschen passt. So kann der Einsatz nach der Arbeit am Arbeitsort sein, oder im Heimatort oder flexibel in der Region. Kurskonzepte sind ausgearbeitet und können einfach übernommen werden und immer geht es darum, dass die Digitallotsen im Team an einem Ort gemeinsam aktiv sind. Der nächste Termine zum Vorbeischauen ist am 28. September um 17 Uhr im Pfarrheim Trennfurt.
Gutes Beispiel aus Nürnberg kennen lernen
Aktuell laufen derartige Projekte schon an verschiedenen Orten im Landkreis. Damit lohnt es sich einerseits dieses Engagement auszuwerten und darüber hinaus mit langjährigen Erfahrungen in anderen Orten zu vernetzen. In diesem Sinne können sich alle Interessenten im Rahmen der Veranstaltung „Treffpunkt MIL – soziale Themen die bewegen“ am 21. Oktober in Obernburg vernetzen. Dort werden auch die Digitallotsen aus der Stadt Nürnberg berichten, wie sie über viele Jahre ihren Einsatz kontinuierlich weiter entwickelt haben und dabei eine sehr geschätzte Unterstützungsstruktur für Seniorinnen und Senioren aufgebaut haben. Mehr Informationen unter www.sozialundgerecht.com